Drago Deutsch Drahthaar Rüde - 11 Jahre

Hallo Frau Hochhäuser,

vielleicht erinnern Sie sich noch an uns. Wir, Anna und Thomas, haben im Januar 2017 mit Ihnen Kontakt aufgenommen, weil wir einen secondhand Jagdhund übernehmen wollten. Die Überlegungen einen Hund während des Studiums anzuschaffen war bei uns schon länger da, mit der Anmeldung für den Jagdscheinkurs im Herbst `17 wollten wir dann aber auch gern einen Begleiter haben, der mit uns zur Jagd kommt. Im Mai 2017 riefen Sie mich an und erzählten mir von einem 11-jährigen DD Rüden aus der Dresdner Heide, welcher erst vor wenigen Wochen seinen Besitzer verloren hatte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mein Freund und ich überlegt haben, ob das passen könnte. Eigentlich wollten wir doch einem jüngeren Tier ein neues Zuhause geben und eigentlich war die Rasse Deutsch Drahthaar damals optisch nicht ganz so unser Fall. Wir entschieden uns trotzdem, uns mit der Frau des Verstorbenen, ihrer Tochter und dem Hund zu treffen. Beim ersten Treffen zu einem Spaziergang merkten wir, dass da Arbeit auf uns zukommen würde. Die Besitzerin musste die Leine durch die Gitterstäbe der Hundebox am Halsband befestigen, da der Hund sonst ohne Rücksicht auf Verluste aus der Box gesprungen wäre, im Allgemeinen war die Leinenführigkeit ein Graus. Trotzdem zog er nach einigen Besuchen auf Probe bei uns ein und sollte schlussendlich für immer bleiben.

Die ersten Wochen waren nicht ganz einfach. Für Darko war es ein Bruch im bisherigen Leben (vor allem in dem Alter), wir hatten plötzlich einen Hund und fanden heraus, dass die „Baustelle Gehorsam“ größer war als erwartet. Auch wenn er HZP und Brauchbarkeiten hatte mussten wir alles wieder in Erinnerung holen. Ablegen und bleiben, Rückruf, Leinenführigkeit und so weiter. Zudem merkte ich recht schnell, dass er ein absoluter Männerhund war. Es dauerte ca. drei bis vier Wochen, bis er meine Kommandos befolgte. Dann fingen wir an ihn körperlich wieder aufzubauen. Durch das Alter der Vorbesitzer und den fehlenden Gehorsam war Darko längere Zeit nicht mehr im Freilauf außerhalb des Gartens gewesen. Anfangs sind wir schneller als der Hund gerannt. Von Woche zu Woche bekam er wieder Muskeln und Ausdauer. Parallel dazu begannen wir ihn allein zu lassen. Das war eigentlich unser größtes Problem. 11 Jahre lang war dieser Hund nie allein, selbst im Raum neben uns machte er am Anfang ein riesiges Drama. Es hat uns einige Nerven gekostet, aber ich muss ehrlich sein, nach 3 Monaten war ich mehr als stolz. Er blieb 4 bis 5 Stunden allein. Waren wir länger in der Uni nahm ich ihn mit. Dann lag er zu meinen Füßen im Hörsaal und schnarchte vor sich hin. Als ich ihn die ersten Male mitnahm wurden wir etwas schräg angesehen. Eigentlich waren Hunde verboten, aber manche Professoren waren da sehr locker. Mein Studiengang bestand nur aus ca. 35 Studenten pro Jahrgang, da war es kein großes Problem mit 4-Beiner zu kommen. Nach dem dritten oder vierten Mal kann dann mein Landtechnikprofessor nach der Vorlesung zu mir und begann mich zu dem Hund auszufragen. Ob ich den schon länger hätte und woher ich ihn bekommen hätte. Da waren doch mein Prof und Darkos Altbesitzer regelmäßig zusammen auf Jagd und Darko machte für ihn immer die Nachsuchen. Zufälle gibt’s…

Im September hatten wir dann endlich den Jagdschein in den Händen. Darko konnte immer länger alleinbleiben oder begleitete uns. Meine Eltern, eigentlich völlig hundeunerfahren wie wir am Anfang, schlossen ihn ebenfalls ins Herz und er wurde zum Familienmitglied. In den darauffolgenden Monaten war er nahezu immer und überall dabei. Restaurantbesuche, Paddeltouren im Kanu, ich kann das alles wahrscheinlich gar nicht aufzählen. Nebenbei arbeitete ich viel mit ihm. Er liebte das Wasser und das Apportieren, auf Schleppen und Übungsfährten zeigte er eine sehr erfahrene Nase. Trotzdem sollte er nicht jünger werden. Ende 2018 keimte dann in mir die Überlegung an einen zweiten Hund auf. Da wir unsere Jagdmöglichkeit wechseln wollten (ich hoffe ich jage nie wieder in einer solchen Pacht) ermöglichte sich dann auch die Ausbildung eines Junghundes. Das war uns vorher verwehrt wurden. Uns wurde sogar gesagt, dass ein Vorsteher bei denen wahrscheinlich auf Drückjagden erschossen werden würde. Die Jäger wären ja nicht mehr die jüngsten und so ein DD oder DK sieht schon wie ein Schwarzkittel aus. Wir beworben uns im nahen Forstbezirk von Sachsenforst für einen Begehschein und machten uns auf die Suche. Darko hatte in uns die Begeisterung zum DD geweckt und so besuchten wir Züchter. Ich wollte meinen Platz als Standschützin auf Drückjagden unbedingt gegen den des Druchgehers tauschen. Ich hatte einige Male DDs als Saupacker erleben können und wollte wieder einen Allrounder. Im Januar 2019 hatten wir dann eine passende Züchterin gefunden, welche mich als Hundetrainerin zudem noch in der Ausbildung begleiten konnte. Mitte Juni holten wir unsere Calluna ab. Die beiden Hunde verstanden sich trotz ihres Altersunterschiedes sehr gut.

Im August fuhren wir dann mit beiden Hunden in den Urlaub. Thomas hatte seinen Bachelorabschluss in der Hand und wir wollten unbedingt Mecklenburg-Vorpommern bereisen. Dort war ich als Kind viel mit meinen Eltern im Sommerurlaub. Darko sollte das Meer kennenlernen und für Calluna war es mit ihren 15 Wochen eh ein großes Abenteuer. Ab September merkten wir dann jedoch eine Veränderung bei Darko. Er schien müde zu werden, der Sommer hatte ihm zugesetzt. Wir waren viel am Wasser, ansonsten lag er an den heißen Tagen vor dem Ventilator auf seiner Kühlmatte. Er schien erste Anzeichen von Demenz zu zeigen. Arbeiten wollte er trotzdem gern. Wenn ich mit Calluna trainierte, durfte danach ebenfalls ran. Im Dezember schickten wir ihn dann in Rente. Er wurde immer spezieller. Die Demenz wurde stärker, teilweise lief er nachts in der Wohnung auf und ab. Seit dem Herbst hörte er immer schlechter. Im Januar nahm mein Freund ihn mit auf ein Jagdwochenende. Er hatte mit Kommilitonen eine Hütte gemietet und sie wollten als Jagdjahresabschluss noch einmal auf Reh- und Rotwild jagen, als Darko am Abend einen schweren epileptischen Anfall bekam. Die Tage danach stand er sehr stark neben sich, danach ging es wieder bergauf. Vergangene Wochen kamen die Anfälle dann plötzlich wieder. Am Dienstag war es so schlimm, dass er 12 Stunden nach dem Anfall noch nicht wusste, wer wir sind, wer er ist und wo er ist. Er kannte nicht mal seinen Namen. Nachdem er am Donnerstag den dritten Anfall hatte, ließen wir ihn am Freitag gehen. Er ist friedlich in unseren Armen eingeschlafen und hat eine wunderschöne Stelle im Revier bekommen.

Darko war ein sehr spezieller Hund. Bis zum Ende war er eher Männern zugetan. So verkuschelt und liebebedürftig er am Abend war, so sehr ähnelte er am Tag manchmal einem Holzklotz. Wir haben von Darko viel lernen können. Vieles, das mir jetzt bei meiner jungen Hündin hilft. Ich kann mich noch gut an die Worte unserer Freunde und Familien erinnern, als wir 2017 sagten, dass wir einen 11-jährigen Hund übernehmen. „Was wollt ihr im Studium mit einem Hund“, „Das ist doch eine Baustelle in dem Alter“, „Wie, der kann nicht alleinbleiben? Wie wollt ihr ihm das in dem Alter beibringen?“. Viele hinterfragten uns kritisch, nach fast drei Jahren kann ich aber eins sagen: es war richtig, dass wir uns für Darko entschieden haben. Ja, er hat uns einiges an Geld für den Tierarzt gekostet und ja, es war abzusehen, dass er nicht lang bei uns bleibt. Aber er war perfekt für uns. Den ersten Hund vergisst man nie. Calluna tritt nun in große Fußstapfen. Ich werde sie nie so aktiv auf Nachsuchen führen, wie es bei Darko sein Leben lang der Fall war, dafür hat jeder Hund sein passendes Einsatzgebiet. Aber die Liebe zum Drahthaar ist dieselbe.

Ich möchte mich bei Ihnen noch einmal für die Vermittlung von Darko bedanken. Ohne Ihr Zutun wäre er wohl niemals zu uns gekommen und vielleicht wäre meine Begeisterung für die Hundearbeit nicht so stark geworden. Ich kann es mir nicht mehr vorstellen ohne Hund ins Revier zu fahren. Ich werde im April 23 Jahre alt und habe noch viele Hundeleben vor mir, welche ich vom Beginn bis zum Ende begleiten kann. Jedes wird ganz besonders sein.

Viele Grüße,

Anna-Sophia Kluger

mit Thomas Hofmann und Calluna